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Focusing

Focusing ist eine von Eugene T. GENDLIN (1926 -2017) entwickelte Methode, bei der der Fokussierende in achtsamer und wertschätzender Weise sich seinem  inneren, körperlichen Erleben zuwendet und so in Kontakt mit der inneren Weisheit des Körpers kommen kann. Der Körper ist immer präsent, sendet uns seine Signale, die wir oft überhören. Im Focusing kann erfahren und wieder gelernt werden, auf den eigenen inneren Kompass, der eigenen inneren Stimme zu vertrauen.

„Es hat mich innerlich zusammengeführt.“ und „Es ist vom Kopf in den Bauch gerutscht“, so beschrieb eine Klientin ihre Erfahrung mit Focusing.

Die Focusingarbeit basiert auf einem mehrstufigen Prozess. Um ins hilfreiche Arbeiten zu kommen, bedarf es eines Freiraums, des genügenden Abstand vom Problem, der ermöglicht, hinzuspüren und nicht von einzelnen Gefühlen überflutet zu werden, auch hilft Blockaden zu lösen. Freiraum schaffen ermöglicht weiter, zu sehen, was als Thema/ Fragestellung hochkommen will, und nicht zuletzt erlaubt es einem, eine freundliche Haltung für sich selbst einzunehmen. Im Nachspüren welche körperliche Empfindung/Resonanz (felt sense) zu einem bestimmten Thema in einem entsteht, kann ich das Thema in der Gesamtheit auf mich wirken lassen (und bin weniger in Gefahr in die ausgetretenden Denk- und Handlungssackgassen zu laufen). Neugierig und achtsam kann ich mich erkunden. Im anschließenden Finden eines Wortes, Bildes, Bewegungsimpuls… zu dem Erlebten findet eine erste Versprachlichung und Symboliserung statt. Es wird wie Gendlin es nannte „ein Griff“ gefunden. Im weiteren Bearbeiten zum Thema, im Hin- und Herwechseln zwischen dem gegenwärtigen Erleben und dessen Versprachlichung oder Symbolisierung, im Pendeln zwischen Bauch und Kopf, zwischen Spüren und Denken, im Vergleichen, Aufnehmen, was ist, können neue Seiten entdeckt und vertieft werden, ein kreativer Prozess entstehen. Es können dabei u.a. Fragen ans Innere gestellt werden, bisher verdrängte Teile begrüßt werden (oder wenn dies noch zu viel ist, von Ferne angeschaut werden), das Erlebte bewusst in unterschiedlichen Modalitäten (wie Worte, Bilder, Bewegungen…) ausgedrückt werden, zudem erfahren werden, dass man mehr ist als das Problem, dass es etwas in einem ist, aber auch weiteres gibt, mehr Seiten und Empfindungen. Die oben zitierte Klientin formulierte ihre Erfahrung mit Freiraum- und Teile-arbeit so: „Wenn der sonst führende Teil in mir merkt, dass es noch andere Teile gibt, kann er sich auch beginnen sich zu entspannen“.
Das was in mir ist, kann und darf ich auf mich wirken lassen auch mit dem notwenigen und gesunden Abstand. Es folgt dann meist, wie von selbst, eine innere Veränderung: Im kleinen oder größeren Schritt eine neue Sicht, neue Erlebens- oder Handlungsmöglcihkeit, ein verändertes Wahrnehmen oder Spüren (felt shift). Zum Abschließen des Prozess stellt sich die Frage, was von dem Erfahrenen aus dem Prozess bewahrt und mitgenommen werden soll und was ist der nächste Schritt sein könnte, der mich weiterbringt (carrying forward). Spezielle Techniken helfen auch zu einem neuen kreativen Umgang mit Inneren Kritiker und anderen Abwehr-und Schutzmechanismen.

Focusing unterstützt zu einer innerlich stimmigen Haltung oder zu eigenen für sich stimmigen Entscheidungen zu kommen, neue Zugänge zu eigener Kreativität und Intuition zu finden, Festgefahrenes zu lockern, und einem ganzheitlichen neuen Erleben im Hinblick auf das Schwierige zu kommen. Im Arbeiten (Prozessieren) wird bewusst an den Rand des bisherigen Erfahrungsschatz gegangen, da in dem hier noch nicht Versprachlichten und  in der vagen, häufig übergangener Empfindung  die verborgene Körperweisheit liegt. So können hilfreiche und oft  überraschende neue Wege der Lösung gefunden werden.
Eine meiner Klientin beschrieb den Focusingprozess kürzlich so.

Gendlin hatte in seinen Forschungsarbeiten entdeckt, dass Patienten mit guten Therapieerfolgen  im Gegensatz zu Patienten, mit nur wenigen oder keinen Therapierfolgen, das gegenwärtigen körperliche Erleben in der Bearbeitung einbezogen. Gendlin entwickelte 6  Focusing-Schritte, mit denen es auch den zuerst weniger erfolgreichen Patienten möglich war, das körperliche Erleben hilfreich und stärkend in die Problemlöseverarbeitung einzubeziehen, dadurch Therapie erfolgreicher zu werden. So gut wie jeder mensch kann durch diese Schritte Focusing für sich erlernen.
Entwickelt wurde Focusing von Gendlin  als phänomenologischer Ansatz und Methode der Selbsthilfe, als auch psychotherapeutscher Technik. Gendlin war engster Mitarbeiter und Nachfolger von Carl Rogers an der Universität Chicago, USA (Begründer der Gesprächspsychotherapie).