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Leitbild

1.) Mein Leitbild und psychotherapeutisches Konzept

2.) Das psychotherapeutische Konzept ins Bild gebracht

3.) Philosophische Momente und theoretische Hintergründe

1.) Mein Leitbild und psychotherapeutisches Konzept

Als Leitbild für die Arbeit gilt: Im Mittelpunkt der Behandlung steht der Klient mit seiner Persönlichkeit, seinen individuellen Bedürfnissen, Stärken und Schwierigkeiten. Die Therapie wird als gemeinsamer Arbeitsprozess verstanden, in dem der Patient als bester Kenner seiner selbst seinen eigenen Veränderungs- und Entwicklungsprozess gestaltet und der Therapeut seine Fachkompetenz und Sozialkompetenz einbringt. Problematiken werden dabei mehrdimensional betrachtet, im ganzheitlichen Ansatz werden sowohl individuelle, lebensgeschichtlich bedingte als auch systemische Aspekte des Lebensumfeldes berücksichtigt und zum verstehen der Problematik und persönlichen Lebenssituation herangezogen.

Dem zu Grunde gelegten therapeutischen Konzept folgend geschieht therapeutische Arbeit vor allem in Begegnung:

– der Begegnung des Klienten mit sich selbst, seinem Verborgenen und Ungehörten
– der Begegnung des Klienten und Therapeuten in der therapeutischen Beziehung,

– der Unterstützung der Begegnung des Klienten mit seiner Umwelt und Mitwelt

Der Therapeut bietet sich in der therapeutischen Beziehung an als

Spiegel: durch einfühlendes Verstehen des Therapeuten Eigenes erkennen, spüren und integrieren können, auch Zugang zum Unbewussten durch Beachtung und Verstehen von Nonverbalen,

Resonanzboden: im Wechselspiel von Übertragungs- und Gegenübertragung sich erfahren in Gestaltung authentischer Beziehung such begegnen

Haltgeber: in der gegenwärtigen Präsenz des Therapeuten und in Wissensvermittlung durch in Boden und Struktur finden

lebendiges Gegenüber in echtem Kontakt Rückmeldung in wertschätzendem Ton, zu dem was Klient im Therapeuten auslösen kann,

Tragende Element in der therapeutischen Arbeit sind

– der Respekt vor der Autonomie, Würde und Eigenart des Klienten

– Unterstützung der Selbstheilungskräfte und Ressourcen des Klienten

– Hilfe zur Integration und Kongruenzfindung des eigenen Selbst des Klienten, , dabei Verstehen und Wandeln innerer und äußerer Widersprüche, Integration von Verdrängten, Abgewehrten und Unbewussten, Finden eigener Balance und innerem Gleichgewichts

– Stärkung von Kohärenz (Erleben eigener Zusammenhänge) und Struktur beim Klienten, Förderung von Standfestigkeit, Sinnfindung, Orientierung

– Arbeit im beziehungstherapeutischen Kontext, Verstehen und Erleben der therapeutischen Beziehung als bedeutsames und heilsames Medium

– ganzheitliches und mehrdimensionales Verstehen

– Berücksichtigung und Erkennen des systemischen und sozialen Eingebundenseins des Klienten

– Arbeit nach dem Prinzipien von Nutzenmehrung und Nichtschädigung bei der Auswahl therapeutischer Mittel

– Transparenz (Klarheit und Nachvollziehbarkeit) im therapeutischen Tun, klare Zielbildung

– Echtheit und Wahrhaftigkeit des Therapeuten in der therapeutischen Begegnung, reflektierte | Abstinenz des Therapeuten im Hinblick auf eigene emotionale Bedürfnisbefriedigung im therapeutischen Kontext

Das Leitbild baut – zusammenfassend gesagt – auf dem Konzept „Heilend wachsen in Begegnung“ auf

2.) Das psychotherapeutische Konzept ins Bild gebracht

Kapitän im eigenen Lebensschiff

Wenn der Klient mit seinem Lebensschiff in Stürme und Schwankung geraten ist, versucht der Therapeut den Klienten zu unterstützen, wieder eigener Kapitän und Steuermann (und Steuerfrau) auf seinem Schiff zu werden. Der Therapeut nimmt dabei die Rolle des Begleiters und Lotsen ein. Er weiß Bescheid über Untiefen, Meeresströmungen, Ufernähe und Häfen, kann Unterstützung und Beistand geben, der letztlich Fahrende und sich Bewegende auf den eigenen Lebensschiff bleibt der Klient. Der Kapitän und Klient bestimmt das Ziel seiner Reise. Der Lotse lässt sich ein, fährt ein Stück mit auf dem Schiff. Er lernt das Meer und das Ufer aus der Sicht des Schiffes, vom Blick des Kapitäns zu sehen, vergisst dabei aber nicht die eigenen Landkarten und Orientierungen. Als guter Lotse beachtet er das Hausrecht, betritt die Planken mit dem nötigen Respekt. Als guter Begleiter spricht er sowohl Förderliches an als auch das sonst kritisch Vermiedene, weist hin auf übersehene Untiefen und Strudel. Im Notfall kann er mit Hand anlegen, helfen ein Segel zu hissen, einen Anker zu werfen, er bleibt dabei aber immer im Dienste des Kapitäns. Er geht in Begegnung, indem mitfährt, setzt sich dabei auch den Stürmen ein Stück weit aus, weiß aber einzuordnen und zu abstrahieren, kann kritische von unkritischen Situationen unterscheiden. Er hilft dem Kapitän seinem Schiff und seinen Möglichkeiten zu vertrauen, diese, wenn nötig, zu entdecken, auch Schönheiten des eigenen Lebenschiffs zu erkennen und wieder Freude an der Lebensfahrt zu bekommen. Der Lotse weckt zuweilen die Sehnsucht nach neuen Ufern und Gewässern, ist manchmal Leuchtfeuer; am andern Ufer. Der Lotse weiß um seine Verantwortung, die Begrenzung, seines Könnens, zeitliche Eingrenzung seines Auftrags. Er gibt Halt, Schutzraum auf Zeit, unterstützt den Kapitän darin, seine Fahrt dann wieder alleine (gerüstet mit mehr Selbstmitgefühl, Erfahrung und Können) aufnehmen zu können.

(anders als beim Seemännischen Lotsen im nautischen Gewässern bleibt die Schiffshoheit in der Therapie stets beim Klient/Kapitän)

3.) Philosophische Momente und theoretische Hintergründe

3.) Philosophische Momente und theoretische Hintergründe

Die Wurzeln meines therapeutischen Selbstverständnisses erinnern und grenzen an verschiedene philosophische Denkmodelle und psychologische Konzepte:

Die Überzeugung, dass in dem hilfesuchenden Menschen die für ihn zur Veränderung notwendigen Möglichkeiten selbst angelegt sind, mal mehr oder weniger verschüttet, im therapeutischen Prozess freigelegt, entwickelt und integriert werden können, findet seine Entsprechung im aristotelischen Konzept der Entelechie, dem Gedanken das ein Individuum sein Ziel in sich selbst trägt, sich in Selbstentwicklung dem in ihm liegenden Ziel entgegen strebt. Weiter erinnert das Modell der Balance und inneren Gleichgewichts an das aristotelische Prinzip des guten, ausgewogenen Maßes.

Martin Buber unterscheidet und beschreibt das Leben und Verstehen in der „Ich-Du-Beziehung“ und der „Ich-Es-Beziehung“. In der Therapie kommen m.E. Momente der Ich-Es-Beziehung zum Tragen, wenn über Drittes auf der Sachebene gesprochen und nachgedacht wird, wenn der Einsatz methodischer Technik und Wissensvermittlung im Vordergrund steht. Die Gnade und Gunst der Therapie (für Klient und Therapeut), der förderlichste Moment entwickelt sich jedoch, wenn sich der Sprung von der Ich-Es-Erfahrung in die Ich-Du-Begegnung vollzieht. Das Primat der Beziehungstherapie, der Therapie in der therapeutischen Begegnung findet hier seine Entsprechung.1 Buber schreibt. „Das Ich werde zum Du“. Er sieht in der Begegnung einen wesentlichen förderlichen Moment, in dem durch die Begegnung mehr entsteht was vorderhin ohne Begegnung nicht möglich war. Man könnte für den therapeutischen Prozess übersetzen: Gesunden geschieht im gegenwärtigen Sein und Begegnen. Buber beschreibt auch den Wert der Ich-Es-Welt. In der Sachlichkeit der Ich-Es-Welt wird objektiviert und vergegenständlicht, ihre Versachlichung ermöglicht u.a. zivilisatorischen Fortschritt. Auch die Ich-Es-Welt hat in der Therapie ihren Raum, gibt Fortschritt in der therapeutischen Methodik und Wissensvermittlung, ermöglicht Erkenntniserfahung, darf sich aber darin nicht erschöpfen, da sie sonst zur sinnentleerten Technikanwendung führt. Im Wechselspiel von Ich-Es-Welt und Ich-Du-Begegnung vollzieht sich der therapeutische Prozess.2 „Das Du begegnet mir von Gnaden — durch Leiden wird es nicht gefunden. Aber das ich zu ihm als Grundwort spreche, ist Tat meines Wesens, meine Wesenheit.“ Im Buberschen Weltbild drückt sich die Gleichwertigkeit von Ich und Du aus. Nicht das „Ich“ ist der Lehrer, das „Du“ der Schüler, sondern im gegenseitigen Begegnungsprozess entsteht Berührung, Neues über sich Hinausweisendes. Die Entscheidung zur Begegnung mit dem Du, zum Eintreten in die Ich-Du-Beziehung ist der Handlungs- und Entscheidungsmoment des Ichs, beziehungseröffnende Tat seines Wesens.

In der Tradition des Dialektik kann der therapeutische Prozess verstanden werden als Entwicklung des Bisherigen durch Bewusstwerden des Widerspruchs, der Erkenntnis der Negation und daraus entstehender Neukonzeption. Im Zustand der eigenen Problematik, im Verhaftetsein in Symptomatik kann dann im weiteren Schritt durch Finden des Unbewussten, des im Verborgenen liegenden, im Abgewehrten oder in der Sprache C. G. Jungs im eigenen Schatten die Anregegung und Weiterentwicklung und Überwindung der Symptomatik erfolgen. Über Entwicklung von These und Antithese folgt nach Hegel die Synthese, die wiederum Ausgangspunkt für Neuentwicklung (und neuer These) sein kann. Dieser dialektische Prozess vollzieht sich in der Therapie sowohl im Inneren des Klienten, im begegnenden Wechselspiel mit seinen inneren Widersprüchen und Möglichkeiten, als auch in der therapeutischen Begegnung im Wechselspiel zwischen Klient und Therapeut. In der Negation des als negativ Erlebten (des Störenden) kommt es zu einem Aufhebungs- und Weiterentwicklungsprozess, in der der Klient sich darin stärkt, mit Widersprüchen umgehen zu können und Entwicklungspotential aus diesen zu gewinnen.

Die Systemtheorie bereichert durch die Konzepte von Autopoiesis, Selbstregulation, Wechselspiel und Wechselwirkung. Im eigenen autopoietischen Prozess, dem Prozess der Selbsterschaffung werden die eigenen Selbstheilungskräfte angesprochen, in der Benennung der Wechselwirkung das Eingebettetsein in Systeme, im Erkennen von systemischen Grenzen, Möglichkeiten und Bedingtheiten. Im ökologischen Kontext erweitert sich der Horizont von der Dimension Patient-Störung und der Dimension Therapeut-Patient hin zum Verstehen von Netzwerken, umweltbezogenen Kontexten, sowie dem Verstehen des Sinns und Nutzen der Störung im System, wobei die Störung nicht einfach wegtherapiert werden kann sondern der systemfördernde Aspekt der Störung sich neu gestalten und ausdrücken lernen muss.

Carl Rogers, der Begründer der Gesprächspsychotherapie, geht davon aus, dass dem Menschen eine angeborene Selbstverwirklichungstendenz oder Aktualisierungstendenz innewohnt, die unter förderlichen Bedingungen zu einer Weiterentwicklung und Reifung der Persönlichkeit führt. Grundlegende förderliche Bedingungen, die vom Therapeuten ermöglicht werden sollen, sind hierfür:

– die bedingungslose Wertschätzung (Akzeptanz) des Klienten,

– einfühlsames Verstehen (Empathie) durch den Therapeuten

– und Echtheit, Wahrhaftigkeit des Therapeuten (Kongruenz).

Im Leiden befindet sich der Klient im Zustand der Inkongruenz, im Heilen und Wachsen im Zustand zunehmender Kongruenz. Rogers entwickelte seine Theorie auf dem Boden einer missverstandenen und übertriebenen Abstinenz des Therapeuten im psychoanalytischen Prozess, bei der man davon ausging, dass der Therapeut sich als Person aus dem therapeutischen Prozess völlig heraushalten könne. Rogers betonte dagegen das Heilende in der Beziehung und Begegnung. Er nimmt in seinem Denken Bezug auf Martin Buber.

Der psychoanalytische und tiefenpsychologische Ansatz bereichert mit dem

– Konzept des Unbewussten, dem Verstehen des Menschen aus seinem Verdrängten heraus,

– dem Verstehen von Abwehrmechanismen, die als Reparaturmaßnahmen des psychischen Systems verstanden werden können, und

– der Konzeption von Übertragung und Gegenübertragung, die darin die Beziehung Therapeut und Patient und die inneren Reaktionen auf diese als wichtiges und grundlegendem Therapeutikum.
Mein eigener Ansatz grenzt sich ab von einer falsch verstandenen (alleinigen) Deutungshoheit des Therapeuten, plädiert für eine Offenheit im Verstehens- und Erkenntnisprozess. Dem Gedankengut C.G. Jungs folgend kann der Therapeut nur zur Veränderung beitragen, wenn er selbst bereit ist, sich vom Klienten verändern zu lassen. Oder anders ausgedrückt, weist C.G. Jung daraufhin, dass in jeder guten Therapie sich sowohl der Klient wie der Therapeut verändert.

Meine eigene therapeutische Haltung fußt in meiner Neugierde im Leben, im Verstehen und Erkennen, in der Freude an Begegnung und Entwicklung und in der grundsätzlichen Bejahung des Lebens.

1 Das Primat der Beziehung wird gestützt durch vielfach bestätigter Forschungsergebnisse, die darlegen dass Therapieerfolg durch die Art und Gestaltung des Beziehungsmoments mehr erklärt werden kann als durch einsatz spezieller Technik oder Methodik.

2 Eine Analogie sehe ich zwischen Strukturentwicklung und Ich-Es-Welt sowie zwischen Kohärenz und Ich-Du-
Begegnung.